Werkstattprofis
Schnell wie der Blitz
Text: Hartmut Malguth, Fotos: Henriette Malguth

Sprichwörtlich nur einen Steinwurf von der ehemaligen Konzernzentrale des einstigen Autobauers Opel entfernt sind wir verabredet mit Kfz-Meister Herbert Frei. Von seiner Werkstatt bis nach Rüsselsheim sind es gerade einmal 7 km. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass der langjährige Erfolg seines Unternehmens mit der Traditionsmarke Opel untrennbar verbunden ist. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Opel dokumentiert logischerweise auch die Fortführung der Firmenfarben Gelb und Grau.

So erzählt uns Inhaber Herbert Frei, dass der Betrieb seine Gründung einst 1966 als klassische Tankstelle durch seinen Vater erfahren hat. Zwei Jahre später erhält das junge Unternehmen einen Vertrag als Opel Händler und nimmt daraufhin eine rasant aufsteigende Entwicklung. 1997 übernimmt Herbert Frei als Sohn des Firmengründers nach seiner in der Opel Zentrale absolvierten Aus- und Weiterbildung zum Fahrzeugbetriebswirt die Geschäfte in der väterlichen Werkstatt. Die vertragliche Kooperation mit Opel führt er noch bis zur Konzernschließung im April 2020 erfolgreich weiter.
Wie haben Sie Ihren Betrieb daraufhin positioniert?
Diese Entwicklung kam ja nicht über Nacht. Bereits 2015 hatten wir unser Unternehmen zusätzlich dem Konzept 1a autoservice angeschlossen und als freie Werkstatt alle entsprechenden Serviceleistungen auch für sogenannte Fremdfabrikate angeboten.
Sie beschäftigen einen professionellen Verkäufer – folglich handeln Sie auch mit Fahrzeugen?
In den Jahren, als bei Opel der Werksverkauf noch florierte, haben wir insbesondere vom Handel mit Jahreswagen profitiert. Mittlerweile verteilt sich der Fahrzeughandel naturgemäß auch auf ältere Modelle und andere Fabrikate.


Auch noch mit Opel Modellen?
Ja, es sind noch immer viele Fahrzeuge in den Händen unserer Kundschaft. Der Anteil bewegt sich aber ebenfalls mit einer klaren Tendenz nach unten. Zuerst waren ja eher die kleineren Betriebe von der Konzernschließung betroffen. Spätestens dann, als mehr und mehr auch große Niederlassungen schließen mussten, ist der Fahrzeugbestand stetig geringer geworden. Das wirkt sich naturgemäß auch auf unser Tagesgeschäft aus.
Dennoch sollte es für die verbliebene Opel Kundschaft ein gutes Gefühl sein, mit Ihrem Fachbetrieb noch eine kompetente und leistungsstarke Werkstatt in der Nähe zu wissen…
Ja, wobei festzustellen bleibt, dass die Ersatzteilversorgung des Marktes seit der Übernahme durch PSA (französischer Großkonzern) deutlich schlechter geworden ist! Die ursprüngliche GM-Plattform (= General Motors) wird bewusst nicht mehr aktiv unterstützt.
Noch heute hat uns ein Kunde mit einem älteren Opel Meriva aufgesucht, bei dem das Gaspedal defekt ist. Das Fahrzeug wird vermutlich längerfristig irreparabel bleiben, weil kein Ersatzteil lieferbar ist. Das ist dem Kunden nicht leicht zu vermitteln und sorgt für Frust, Unverständnis sowie unerwünschte Diskussionen.
Hängt das aus Ihrer Sicht eventuell mit der von PSA forcierten E-Mobilität zusammen?
Dann müsste dieses Phänomen auch bei anderen Autokonzernen wie VW, Mercedes oder Audi verbreitet sein. Es kommt mal vor, dass es Probleme mit der Lieferung von Ersatzteilen gibt, aber nicht in diesem Umfang!


Welche Chancen bieten dabei einschlägige Online-Plattformen für Gebrauchtteile?
Das hilft nur in Notfällen wirklich weiter, weil hier die Schwierigkeit mit der Gewährleistung besteht. So hatten wir vor einem Jahr ein Steuergerät für einen Opel Astra über unsere Suchfilter ausgeschrieben, das uns jetzt vor wenigen Wochen zum Kauf angeboten wurde. Wir haben das Ersatzteil ins Fahrzeug eingebaut, und der Wagen läuft! Es ist außerordentlich problematisch, wenn wir in ähnlich gelagerten Fällen dem Kunden sagen müssen: »Wir wissen nicht, wann Sie wieder fahren können!«
…dann verliert man das Vertrauen in die Werkstatt und in die Marke!
Das ist der Punkt.
Man kann das Fahrzeug nicht mal verkaufen, weil es ja defekt ist.

Themenwechsel:
Sie fungieren auch als Ausbildungsbetrieb?
Ja, wir bilden aus, beschäftigen derzeit aber lediglich einen Auszubildenden. Nachwuchskräfte zu finden, gestaltet sich für alle Fachbetriebe gleichermaßen schwierig.
Hypothetische Frage:
Gesetzt den Fall, Sie wären 30 Jahre jünger, irgendwo angestellt und bekämen die Chance, eine Kfz-Werkstatt zu übernehmen. Würden Sie die Gelegenheit nutzen?
30 Jahre jünger zu sein, wäre die Grundvoraussetzung! Unter dieser Prämisse würde ich die Herausforderung annehmen!
Auch unser Werkstattmeister Sven Fries ist davon überzeugt, dass sich der substanzielle Service ändern und dann andersartig strukturiert sein wird. Grundsätzlich aber gilt: Das Kfz-Handwerk hat eine Zukunft – auch wenn Teilbereiche des individuellen Fahrens vom öffentlichen Nahverkehr übernommen werden dürften.
Mit Kfz-Meister Sven Fries steht uns der deklarierte Firmennachfolger als weiterer Gesprächspartner Rede und Antwort:

Sie sind hier Werkstattleiter und haben seinerzeit Ihre Ausbildung in diesem Betrieb absolviert…
Das ist korrekt: Im August 2008 bin ich hier gestartet und habe – bis auf eine kleine Unterbrechung während der vorübergehenden Schließung – dem Unternehmen stets die Treue gehalten.
Ihre Werkstatt scheint gut ausgelastet zu sein. Hält die Entwicklung des Autoverkaufs damit Schritt?
Nein, das muss auch nicht sein, weil wir unseren wirtschaftlichen Schwerpunkt im Service sehen. Trotzdem stellen wir mit Zufriedenheit fest, dass es auch hier einen gewissen Aufwärtstrend gibt

Apropos: Wie entwickelt sich für Ihren Betrieb der Faktor E-Mobilität?
Vom Ausbildungsstand her sind bereits vier Mitarbeiter darauf geschult. Der Fahrzeugbestand im Kundenkreis lässt aber noch keine verlässlichen Aussagen über die weitere Entwicklung zu. Eindeutig größer wird die Nachfrage jedoch im Bereich der Hybridmodelle.
Sie zählen gewissermaßen noch zur jungen Generation in diesem Handwerk. Mit welchem Interesse verfolgen Sie diese Technologie?
Mit hoher Priorität: So habe ich vor einigen Wochen ein von der Dekra organisiertes Treffen besucht, wo eine Messtechnik vorgestellt wurde, mit der man zuverlässige Aussagen über den Zustand einer Antriebsbatterie vornehmen kann. Dies erweist sich für alle Interessenten als wichtig, die sich für ein gebrauchtes E-Fahrzeug entscheiden und wissen möchten, welche Ladezyklen die Batterie bereits auf dem Buckel hat.

Folglich steigern Sie aktuell Ihre E-Mobil-Erfahrungen weniger aus dem Werkstattalltag heraus als durch den Gedankenaustausch mit externen Experten…
Ja, genau! So haben jetzt auch erste Auswertungen von TÜV-Berichten bei der Beurteilung von drei Jahre alten E-Autos eine erschreckende Bilanz im Hinblick auf verrostete Bremsscheiben ergeben. Das resultiert daraus, dass diese Fahrzeuge überwiegend mithilfe der Rekuperation abgebremst werden – also der vom Motor angebotenen Abbremsung an Stelle der Betätigung des Bremspedals. Dadurch wird Elektroenergie zurückgewonnen und in die Batterie zurückgeführt. Dies geht jedoch zu Lasten der Bremsen, die aufgrund mangelnder Betätigung nach drei Jahren bereits eine so deutliche Korrosion aufweisen, dass sie dann oftmals ausgetauscht werden müssen.
Vielen Dank für diese erhellenden Erkenntnisse in Sachen Technik. Wir bedanken uns für Ihre wertvolle Zeit und wünschen Ihnen eine erfolgreiche Zukunft.